Die 60er Jahre
Weg mit dem Pomp und dem Plüsch! Das war die Parole Ende der 50er Jahre.
Zahlreiche Zeitschriften für Architektur und Wohnen gründeten sich -
ob "Schöner Wohnen" oder "Architektur & kultiviertes
Wohnen" als Sonderbeilage von "Film und Frau" - alle wollten nur
eins erreichen: Das sich ein neues Stilbewußtsein bildet!

Wir wissen heute, dass diese Kampagne leider zwecklos war: Die breite Masse hat sich - wie rechts
und unten abgebildet - weiterhin in heimelnden Stilmöbeln zwischen Altdeutsch und Eiche Rustikal
eingerichtet. Vor allem der teure Perserteppich durfte in keinem Wohnzimmer fehlen: Die "gute
Wohnstube" war nicht zum "Wohnen", sondern lediglich ein "Präsentier-teller"
für Gäste. Keine Spielwiese für die Kinder, kein Entspannen oder Schlafen auf der
Couch, kein Ausleben eines Hobbys - nein, das Wohnzimmer blieb für das Alltägliche geschlossen.

Beworben wurde der "Muff" als Wertanlage wie hier von BARTELS: Wer etwas darstellen
wollte von Rang und Namen setzte auf gediegene Stilmöbel - nach dem Motto je wuchtiger, desto teurer.
Schwere, unverrückbare Bücherschränke in "deutscher" Eiche
mit vergitterten Glasscheiben, wuchtige, rustikale Sessel mit unverwüstlichen, geblümten
Gobelinstoff um einen stabilen Couchtisch mit Kachelauflage - gekrönt vom Kupferkessel
mit Trockenblumen-arrangement, biederer Standuhr und gesticktem Blumenbild ...
Im Übrigen wurde bei Besuch an solchen Couchtischen das Essen
eingenommen, da der Essplatz in der Küche zu beengt war.

Dagegen eine moderne, großzügige Einrichtung aus der Mitte der 60er Jahre im Stile
des Bauhausgedankens: Solnhofener Plattenkalk mit einem roten Kräuselteppich aufgelockert,
Isamu Noguchis Couchtisch (schon 1940 entworfen und ab den 50ern hergestellt), ein zierlicher
schwarzer Dreisitzer, eine filigrane Reispapierleuchte auf schwarzem Metallgestell und alle Farben
sich wieder findend in dem modernen Ölbild - die Fünfziger in Amerika - die Sechziger
in Deutschland und heute absolut wieder up to date im modernen Design.

Lange Sideboards wurden in den
60er Jahren modern - besonders Nussbaum und Teakholz wurde gern gewählt: Schlichtes
Design ohne Schnörkel - nur die Maserung des Holzes als Zierde. Dazu halbhohe
Vitrinen und Bücherschränke
und leichte Holzsessel mit losen Sitzpolster
- diese praktische, filigrane Einrichtung im Stil des
Dänischen Designs
oder der " Nordischen Linie" steht für die "moderne Einrichtung" der 60er:
In den 60ern zu flippig - heute ist der "Midcentury Style" heiß begehrt.
Farbige Lampenschirme aus gefälteten
oder geschlauften Kunststoffbändern wurden nicht nur in Esszimmern, sondern vor allem in Schlafzimmern
gern aufgehängt.
Modern wurden kastenförmige Anbaumöbel in Teak - wie hier von MUSTERRING - oder Nussbaum,
Ende der 60er Jahre auch mit dem rötlich-dunklen Palisander. Gerühmt wurde die Schönheit und
die Vielseitigkeit dieser Anbaumöbel. Sogar an eine genügend große Nische für
das Fernsehgerät wurde gedacht. Passend zu der großen, aber trotzdem durch seine Füßchen
filigran wirkenden Schrankwand ist die "hoch-moderne" Polstergarnitur in Teak mit
seinen breiten, aufgelegten Holzlehnen sowie der zierliche, hohe Couchtisch. Interessant
ist der von MUSTERRING gewählte Slogan "Gemütlichkeit ist Trumpf!"
mit dem die breite Käuferschar wohl nicht dieses moderne Design, sondern eher
den beliebten Stilmöbel-"Muff" verbindet.

Kugelleuchten aus Glas
oder Chrom sind die
passenden Stilbegleiter. Die "Panton"- Leuchten
so tief schwebend über den Boden aufzuhängen, war im Sinne des Designers Verner Panton -
nur lässt es sich in unseren räumlichen Begrenztheiten nicht immer so effektvoll arrangieren.
Ein Glas- oder Acryltisch wirkt filigraner
in einem schon durch Polstermöbel voll gestelltem Zimmer und lässt überdies einen
bunt gemusterten Teppich besser zur Geltung kommen.

Clubsessel und
Garnituren in gedecktem
Rot, Beige oder Grün waren durch ihre Styropor auf Holzkonstruktion leicht und beweglich,
unterstützt durch ihre Rollen konnte ab nun durch das Wohnzimmer gerollert werden.
Schlichte Clubleuchten mit geradem, weißem
Stofflampenschirm höhenverstellbar auf einem Chromständer spendeten die indirekte Beleuchtung.
Die aufregenden, roten Muster der Läufer wurden allerdings in deutschen Haushalten eher im Schlaf-
oder Kinderzimmer verwendet.
Immer noch beliebt sind die luftigen Regalsysteme wie z.B. hier abgebildet von
STRING. Nicht nur Regalböden, sondern auch kleine Schränke und eingehängte
Tische komplettierten solch eine Regalwand.
Geordnet aufgehängt ist dies eine stylische 60er Jahre Wohnwand für Leute mit
ausgeprägtem Ordnungssinn. Leichte und filigrane Sessel auf Metallbasis
mit Korbgeflecht von Legler
oder Metallgeflecht wie z.B. der Bertoia Sessel - bitte mit einem bequemen Sitzkissen - wären
der Deutschen STRING Werbung nach passend, wurden jedoch von der breiten Käferschar als zu
unbequem betrachtet und nicht so ein Verkaufsschlager wie die wuscheligen Flokati-Teppiche.
Die Küche wurde in den 60er Jahren immer spartanischer und glatter:
Holzimitate und die Farben Weiß und Rot waren bestimmend.
Dank Dunstabzugshauben sollte die Küche nicht mehr isoliert in einem kleinen
Raum, sondern großzügig mit einem separiertem Essplatz
kombiniert werden. Das Essen wurde mit einem Servierwagen wie der beliebte
BREMSHEY Variett oder Dinett serviert.
Der Essplatz war funktional eingerichtet: Gepolsterte Stühle und ein großer
Tisch mit robuster Resopalauflage auf schlichtem schwarzem Metallgestell.
Darüber eine Hängeleuchte aus gebürstetem Aluminium
zur blendfreien Beleuchtung des Essplatzes.
Gediegener und einfach gemütlich in den End-60ern:
Couchen und Sessel aus dunkelbraunem,
breitem Cord gab es in vielen Variationen - die schickste mit Fiberlite-Rahmen "Amanta"
entworfen von Mario Bellini für C&B Italia, 1966. Hier abgebildet die Polstergarnitur 620 von
VITSOE entworfen vom BRAUN Designer Dieter Rams 1960 in braunem Wildleder mit weißer
Schalen-konstruktion auf Rollen - wunderbar kombiniert mit flachem, weißem Truhentisch auf
weißem Flokati - der Teppich der 60er/70er, der fast in jedem Haushalt irgendwo sein
Plätzchen fand.
Aufregende Muster wurden in den späten 60ern gerne an großen
Tischleuchten ausprobiert ...
zu den 70er Jahren

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