Die-Wohngalerie für Wohnen, Design und Lebensart des 20. Jahrhunderts
Sitzsäcke
Herrlich sich in ein Riesenkissen hineinfallen zu lassen, alle Konventionen
von sich weg zu schmeißen und die Faulenzer-Stunde einfach zu genießen:
Il Sacco von ZANOTTA
Kein Sessel steht mehr für ein freies und unbeschwerteres Leben, dass sich
die 68er erhofften durch ihr revolutionäres Begehren. Dabei entsteht der erste
Sitzsack eher durch einen Zufall: Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro
wollten angestachelt durch den Erfolg des Blow Sessel ebenfalls einen Sessel ohne
starren, festen Rahmen entwerfen, der sich aber voll und ganz den Körperformen
anpasst. "Uns interessierte der Entwurf von Möbeln, die so flexibel wie
möglich und sich an unterschiedliche Haltungen angleichen sollten. ... So fingen
wir an, über ein Material nachzudenken, das über diese Anpassungsfähigkeit
verfügt. Wie der Schnee, in den sich jemand fallen lässt und einen Abdruck
hinterlässt, oder ein Fluidum wie das Wasser", erinnerte sich Piero Gatti 1988 in
einem Interview. Nicht der Körper sollte sich dem Sessel anpassen, sondern der
Sessel dem Sitzenden.
Über die Form waren sich die drei Designer schnell einig: Der tropfenförmige Sack besteht aus zwei umgedrehten Pyramiden, eine breite Pyramide nach unten wenig verjüngend als Fundament und eine spitze Pyramide mit nach oben zulaufenden Nähten. Aber aus welchem Material? Wasser benötigt verschweißte Näht und somit ein äußerst festen, fast starren Stoff, der ganz und gar nicht knautschig ist. Angestachelt von den damals populären Fließmodulationen mittels kleiner Kugeln experimentierten Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro zuerst mit viel zu schweren Bleikügelchen oder viel zu teuren, kleinen Pingpong-Bällen, bis sie auf das leichte und billige Polystyrol stießen. Bis heute wird der Sacco Sitzsack bei ZANOTTA mit geblähtem Polystyrolgranulat gefüllt.
Aber zurück zum Zufall: Der Entwurf "Sacco" wandert erst in die Ablage, weil sich Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro nicht auf den richtigen Stoff einigen konnten. Nur ein Prototyp wurde mit der gleichen klaren Plastikhülle wie der Blow von ZANOTTA gefertigt - kein angenehmer Sitzkomfort! Per Zufall gelangt ein Foto dieses Prototyps zum Einkäufer der amerikanischen Kaufhauskette Macy's, der begeistert gleich 12.000 Stück ordert. Und nun rotierten Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro, übergaben hastig den Sitzsack-Entwurf dem italienischen Möbelhersteller ZANOTTA: Der fackelt nicht lange und schneidert den Sacco aus dem damals äußerst beliebten und widerstandsfähigen PE Leder! Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte mit einem lachenden und weinenden Auge: Zwar ist der Sacco von ZANOTTA in allen Design-Museen der Welt vertreten, sowohl im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) als auch im Londoner Victoria & Albert Museum, aber aufgrund seines ungeschützten Entwurfs von Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro leider auch in den Fängen der Nachahmer. Und die Sitzsack-Kopien sind vielfältig...
Zwar ist nicht jeder gleich ein Liebhaber dieses alten Sacks: Auf einem Sitzsack zu fläzen bedeutet dynamisch sitzen, denn die Polystyrol-Kügelchen verschieben sich bei der kleinsten Bewegung des Körpers. Für unruhige Geister á la Reich-Ranicki ist somit ein Sitzsack nichts. Und so findet man bedauerlicherweise Sitzsäcke nur im Kinderzimmer statt in einer wetterfesten Version auf der Terrasse oder Balkon...
Bitte beachten: Sitzsäcke weisen aufgrund ihrer relativ einfachen Verarbeitung hohe Preisunterschiede auf. Wer seinen Sitzsack regelmäßig nutzt, sollte etwas tiefer in die Tasche greifen: Günstige Sitzsäcke reißen gerne randlich aus, der Stoff franst und die Polysterol-Kügelchen fliegen durch alle Räume...
Größenvergleich unseres Maskottchens Ringo: 13,5cm
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